Hofmeier-Gang

"Ein städtebaulicher Schandfleck wird beseitigt", so titelten die Regionalzeitungen im Juli 1993. Der österreichische Architekt Christian Polacsek legte seine Pläne zur Umgestaltung des damals so genannten Nordwich-Gangs vor. Er hatte die Vorgabe, die "lange, kahle, dunkle und damit menschenunfreundliche Enge so zu gestalten, dass sie durch möglichst viele Passanten belebt werden würde." Dies sollte durch eine dreiteilige Gliederung in einen Platz und zwei mit Glas bedachte Gänge geschehen. Eine menschenfreundliche Höhe, die den Schluchtcharakter nähme, sowie Begrünung und viel Licht - auch nach Anbruch der Dunkelheit durch viele Lampen – sollte zum Passieren des Gangs locken. Das Vorziehen der Stahlkonstruktion auf den Markt sollte die Passage optisch markieren. Die Frage der Reinigung des Glasdaches wertete der Planer nicht als Problem. Von den Kosten in Höhe von ca. 250.000 Mark, die aus Städtebauförderungsmitteln aufgebracht werden konnten, hat die Stadt etwa ein Drittel übernommen. Der damalige Bürgermeister Grimm schwärmte von der gelungenen Passage als ein Pavillon mit gastronomischer Nutzung den Platz zwischen den beglasten Gängen nutzte.

 

Anlässlich eines Pressegesprächs am 9. Juli 1993, an dem Vertreter der Bürgergemeinschaft Eutin e.V. teilnahmen, wurde durch den Verein kritisiert, dass die ursprünglich filigrane Dreieckskonstruktion des marktseitigen Eingangs einem eisenbahnschienenähnlichen Stahlprofil gewichen war. Überhaupt entfernten sich die realisierten Hochbauten deutlich von den vorgelegten Plänen. Der ehemals angedachte spitze Winkel der Höhenkonstruktion musste einem sehr viel flacheren weichen. Dadurch ging die Leichtigkeit verloren, es wurde eine plumpe und schwerfällige Konstruktion. Die Bürgergemeinschaft Eutin e.V. lästerte damals, der Gang wirke wie eine Mischung zwischen Gewächshaus und Hundehütte.

 

Obwohl das erklärte Ziel des Gestaltungskonzeptes die Beseitigung der Dunkelheit dieses Ganges war, konnte die Frage nach der Reinigung des Glasdaches nur mit "Selbstreinigungskräften des Eutiner Regenwassers" beantwortet werden. Es blieb für die Stadt nur zu hoffen, dass die Effekte auch Algen, Staub, Blätter und sonstige Verunreinigungen beseitigen, die sonst über kurz oder lang doch das Licht nähmen. Eine diesbezügliche Anfrage beantwortete der Salzburger Planer damit, dass man durch die Scheiben ja schließlich nicht hindurch zu sehen bräuchte, denn der Gang würde ja intensiv beleuchtet werden.

Abschließend stellte der Verein im Juli 1993 fest, dass, wenn die ursprünglichen Planungen verwirklicht worden wären, Eutin eine zweifellos moderne, aber durchaus mit der Altstadt harmonierende Passage gewonnen hätte. So blieb für den Verein damals nur der Eindruck "Gewollt, aber nicht gekonnt". 

 

Nachdem dieser "Raubtiergang" 17 Jahre existierte und der Bauhof es trotz erheblichen Aufwands nicht schaffte, den Gang sauber und hell zu erhalten, wurden die ersten Scheiben demontiert. Schon zu dieser  Zeit forderte die Bürgergemeinschaft Eutin e.V. eine öffentliche Diskussion um die Aufwertung des Ganges.

Nun – nach insgesamt 22 Jahren – hat der städtische Bauausschuss beschlossen, die Stahlkonstruktion abzusägen und gänzlich zu entfernen.

Die Bürgergemeinschaft Eutin e.V. wartet ab, wann ein neuer Planer erscheint und dann hoffentlich etwas Passendes für die Stadt präsentiert.