Veröffentlichung des Kalenders "Eutin in alten Ansichten 2011"

Anlässlich einer kleinen Feierstunde stellt der Vorstand der Eutiner Bürgergemeinschaft e.V. im Beisein des Landrates Reinhard Sager, des Eutiner Bürgervorstehers Ernst-Joachim Meseck und seiner Frau den Eutin-Kalender 2011 vor.

Als Veröffentlichungsort hat der Verein das Schloss-Café gewählt.

Dieses Werk, das zum 30. Mal erscheint, ist in der Vergangenheit zu einem beliebten Geschenk für die Bürgerinnen und Bürger Eutins geworden.

In den ersten Jahren der Kalendertradition erschienen Federzeichnungen mit bereits abgerissenen oder vom Abriss bedrohten Häusern. Von 1985 bis 1994 erschien der Kalender mit zeitgenössischen Farbfotos und erläuternden Texten auf der Rückseite. Seit 1995 trägt er das Motto "Eutin in alten Ansichten", damit liegt nun die 17. Ausgabe vor.

Mit den 17 Kalendern existieren nun immerhin 221 einzelne Kapitel und bilden damit schon eine stattliche Sammlung stadtgeschichtlicher Episoden.

Dreizehn historische Ansichten zeigen Altstadtbilder und dörfliche Kleinodien. Auf den Rückseiten befinden sich ergänzende Ansichten. Einige Aufnahmen werden insbesondere bei älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern liebevolle Erinnerungen wecken, sie werden bei einigen Ansichten an ihre eigenen Jugendjahre denken.

Der umfangreiche Textteil auf den Rückseiten erläutert die Geschichte der jeweiligen Abbildung auf der Vorderseite und beleuchtet auf diese Weise interessante Abschnitte der jüngeren Stadtgeschichte.

Genuss und Vergnügen ….

Der Kalender 2011 beginnt mit der Entwicklung des Kinogeschäftes. Der Däne Jannik Borre ist es im Jahr 1912 gewesen, der in Eutin das erste Lichtspieltheater gegründet hat. Auch hier hat wohl ein Pianist die Filme begleitet und so das Publikum in die rechte Stimmung versetzt.

In der Nachkriegszeit erlebt der Film eine Renaissance, und die Filmtheater sind gut besucht. In Eutin gibt es drei Lichtspielhäuser. Mit der Ausbreitung des "Puschenkinos" setzt das Kinosterben ein. Dass Eutin auch heute noch zwei Kinos besitzt, ist wiederum dem Mut eines einzigen Mannes zu verdanken. Tommy Geisler, selbst Schauspieler, betreibt bis heute das Binchen und das Cinema.

"Arbeiten, wo andere Urlaub machen" - ist einst ein Motto gewesen, um neue Mitarbeiter für die öffentlichen Verwaltungen anzuwerben. Ja, für Ostholstein gilt dieser Satz schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Männern wie den Gebrüdern Janus, August Holzbach, dem späteren Wirt des "Gasthauses zum Uglei" und Carl Piehl, dem selbsternannten "Sänger vom Kellersee" und Wirt der "Alten Kalkhütte", hat der Fremdenverkehr der Holsteinischen Schweiz bis in die heutigen Tage viel zu verdanken. An diese große Epoche des aufstrebenden Tourismus hat Eutin bisher nicht wieder anknüpfen können. Nur in Fissau hat die Familie Ohlmann mit dem "Seeschloss" und dem Fissauer Fährhaus zwei ehemalige touristische High-Lights wiederbeleben können.

Es gehört eher zu den zweifelhaften Errungenschaften des 21. Jahrhunderts, dass wir immer und zu jeder Jahreszeit frische Früchte erwerben können, die an den entlegensten Winkeln der Erde angebaut worden sind. Doch auch schon in früheren Jahrhunderten haben Menschen bei uns den Versuch unternommen, die klimatischen Verhältnisse Norddeutschlands zu überlisten. Im Schlossgarten wurden Pomeranzen, die noch heute bekannten süßen rundlichen "Canteluppen"-Melonen, Feigen, Ananas, Wein, Bananen, Granatäpfel und Zitronen angebaut. Der Bedarf an exklusiven Zutaten für die herzogliche Tafel verändert sich nach dem Ersten Weltkrieg grundlegend, da das Schloss zu einem Museum wird. Damit endet auch die Periode des Anbaus exotischer Früchte im Schlossgarten.

Ob Sie sich in Berlin Unter den Linden oder auf Düsseldorfs Kö niederlassen, um zu sehen oder gesehen zu werden, ein Artikel aus Fissau wird mit Sicherheit in Ihrer Nähe sein. Welcher Artikel oder welches Erzeugnis unserer kleinen Stadt kann sich sonst rühmen, in Deutschland Marktführer und weltweit etabliert zu sein? Seit über 60 Jahren steht die Qualität der Fissauer Erzeugnisse für Gastronomie der Firma Stöckel im positiven Sinne für "Made in Germany". Sollten Sie sich auf einer Reise die Muße nehmen, sich in ein Straßencafé einer Metropole wie Paris oder Rom zu setzen und ein Eis zu bestellen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Köstlichkeit auf einer Speisekarte angepriesen wird, die in einem Halter von Stöckel steht, das Eis mit einem Portionierer derselben Firma geformt ist und auch der Serviettenhalter aus Fissau stammt.

Wenn einem heute der Begriff "Koma-Saufen" Schauer über den Rücken treibt, so ist dieses Phänomen grundsätzlich nicht neu. Auch in Eutin hat es schon vor 100 Jahren Unsitten dieser Art gegeben. Nicht nur die Studenten des "Technikums", sondern auch die Schüler des Gymnasiums, zu dieser Zeit ausschließlich männlich und meist aus gut betuchtem Elternhaus, gründen zum Ende des 19. Jahrhunderts eigene Verbindungen. Von Eltern und Lehrern kritisch gesehen, versuchen ihre Mitglieder die Identität hinter so genannten Biernamen wie Faß, Schlauch, Spund oder Suff zu verschleiern. In Eutin lassen sich "Teutonia", "Fraternitas", "Concordia" und "Cimbria" nachweisen. Mit besonderer Bedacht wird das "Verbindungslokal" auserkoren, in dem die so genannten "Kneipen" abgehalten werden. Die Schule versucht mit mäßigem Erfolg, die Exzesse innerhalb Eutins zu unterbinden. Zeitweise dürfen die Schüler nur außerhalb der Stadt Alkohol zu sich nehmen, wohl in der Hoffnung, dass sie auf dem Rückweg wieder nüchtern werden würden. Zu dieser Zeit erfreuen sich der "Sandfeldkrug" und der "Neudorfer Krug" großer Beliebtheit, dort werden zahlreiche "Ex-Kneipen" abgehalten.

Im 1900 experimentiert man mit der Veredelung vonn Pfirsichbäumen. Friedrich Fischer, der zu dieser Zeit das Obstgut Schönborn bei Sielbeck bewirtschaftet, verwendet Sämlinge, die er an den Wurzeln stark beschneidet. Die so kultivierten Pflanzen tragen zentnerweise Früchte. Dieser Erfolg bringt aber Probleme. Die handelsüblichen Pappkartons, die sich zum Vertrieb der Ernte anbieten, sind zu klein für die Früchte. Fischer geht dazu über, sein Obst einzeln in Seidenpapier eingewickelt, mit feiner Holzwolle voneinander getrennt, in Holzspankörben zu veräußern. Diese Früchte haben ungewollt auch einen therapeutischen Wert. Dr. med J. Marcinowski, Inhaber einer vornehmen Privatklinik in Sielbeck, hat sich auf Patienten mit neurologischen Leiden spezialisiert. Eine Patientin, nennen wir sie Frau D., kommt auf einem Spaziergang an Fritz Fischers Pfirsichanpflanzung vorbei. Den ihr in einem Gespräch mit Fischer angebotenen Pfirsich lehnt sie mit der Begründung ab, dass sie kein frisches Obst vertrüge. Fischer bricht darüber in schallendes Gelächter aus und meint, dass sie sich dies wohl nur einbilde. Kurze Zeit später ruft Dr. Marcinowsky auf Schönborn an und fragt, was man mit Frau D. angestellt habe, sie vertrüge plötzlich rohes Obst? Fischer antwortet: Ich habe sie ausgelacht!

Der unfreiwillige Verzicht auf Genüsse jeder Art löst bei den Menschen in der Regel Nachholbedarf aus, insbesondere in den Jahren 1946/47. Natürlich ist hier das Schlosshotel zu erwähnen, wo täglich drei Kapellen zum Tanz oder als Varieté-Begleitung aufspielen. Unter der Hand gibt es selbst gebrannten Kartoffelschnaps. Die Menschen genießen das Leben nahezu exzessiv. Alle sind froh, dass sie den Krieg überlebt haben. Wenn man heute den Sky-Markt am Eutiner Marktplatz betritt, der den ehemaligen Saal des Schloss-Hotels ausfüllt, hören Sie vielleicht irgendwo noch flotten Swing.

Aber auch die Feierlichkeiten zu Ehren bedeutender Persönlichkeiten zeigen bis heute, dass man in unserer Stadt zu feiern versteht. So am 20. Oktober des Jahres 1902, als der einhundertste Geburtstag von Friedrich Adolf Trendelenburg gefeiert wird. Eutins High-Society trifft sich im Voss-Haus. Das Menü beginnt mit einer Frühlingssuppe. Dann folgen Hammelrücken, Seezunge und junge Enten. Das Essen endet mit Eis, Käse und Obst. Sicherlich werden die Anwesenden dazu Wein getrunken und auch den einen oder anderen Likör zur Verdauung genossen haben.

Weitere Kapitel widmen sich Albert Mahlstedts Vorliebe für Ananas-Bowle, dem Essen mit Messer und Gabel, der Kriegsküche, dem Zigarettenkonsum nach dem Zweiten Weltkrieg und den Leckereien auf Weihnachtsmärkten.

Der Kalender ist ab sofort in zahlreichen Eutiner Geschäften (Buchhandlung Am Rosengarten, LMK, Firma Massur) zu erwerben. Trotz des aufwändigen Druckverfahrens, das den historischen Bildern einen ganz besonderen Zauber verleiht, wird der Kalender wie schon in den vergangenen Jahren für nur 11,-- € angeboten.

Er wurde in einer Auflage von 900 Exemplaren gedruckt.

Die Originale des Fotomaterials stammen aus dem großen Fundus der Bürgergemeinschaft Eutin und dem Archiv Hahn-Herse.

Regine und Karlheinz Jepp haben die Texte erarbeitet. Der Eutiner Aloysius Kroll, Marianne Steltzer und Elke Kock haben die redaktionelle Überarbeitung der Texte übernommen.

Da die ähnlich gestalteten Kalender der letzten sechzehn Jahre meist bereits vor Weihnachten weitgehend vergriffen waren, hofft der Verein, dass dieses Werk auch in diesem Jahr wieder ein "Renner" wird.

Die Gewinne des Kalenderverkaufs der letzen Jahre kamen unter anderem den Toranlagen des Eutiner Schlossgartens und der Wiederherstellung der Mühlenflügel zugute. Gegenstände, die im direkten Zusammenhang mit dem Eutiner Schloss stehen, wurden ebenso gefördert wie Spiele für die Eutiner Kindergärten oder Maßnahmen zur Wiederherstellung des Ehrenmals. Auch Baumaßnahmen, die das Bild der Eutiner Innenstadt verschönern, so z.B. in der Stolbergstraße und in der Lübecker Straße, wurden in den letzten Jahren immer wieder von der Bürgergemeinschaft gefördert.

 

 

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