Drohen der historischen Altstadt Eutin neue Abrisswellen?

Nachdem in den letzten Jahren ein Haus des geschichtlich bedeutsamen Ensembles in der Plöner Straße für einen wirtschaftlich lukrativen Neubau weichen musste, dann ein Haus in der Albert-Mahlstedt-Straße dem Bagger zum Opfer gefallen ist, scheint nun auch die einzig noch erhaltende Gruppe von Ackerbürgerhäusern in der Weidestraße wieder akut bedroht zu sein, und dass, obwohl der Bauausschuss jüngst den Abrissbeschluss zurückgenommen hat. Schon vor mehr als 10 Jahren war das Grundstück Weidestraße 24 als "Reservepotenzial" für Erweiterungen der Wilhelm-Wisser-Schule im Gespräch. Bereits damals hat die Bürgergemeinschaft Eutin e.V. immer wieder auf die gestalterische Bedeutung des Ensembles Weidestraße 24 bis 28 hingewiesen. 

 

Das Gebäude Weidestraße 24 steht seit vielen Jahren in städtischem Eigentum. Das Ensemble der Häuser Nr. 24 - 28, das aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt, weist im Baustil auf die Tradition Eutins als Ackerbürger- und Handwerkerstadt hin. Dieser Bereich der Weidestraße gehört zu den ältesten Teilen der ersten Stadterweiterung nach der Auflösung der so gen. Gemeinweide, die der Weidestraße ihren Namen gab. Nach einem Brand im Jahr 1919 wurde das Haus wieder aufgebaut und seit der Zeit ständig genutzt. 

Jüngst wurde der Abrissbeschluss mehrheitlich von den Stadtvertretern zurückgenommen, nun scheint durch erhebliche Kosten der Herstellung der Standsicherheit des Bauwerks erneut die Forderung nach einem Abriss laut zu werden.

 

Die Gebäude wie auch die Ahornbäume, die dort seit dem frühen 19. Jahrhundert stehen, gehören zum Eutiner Stadtbild. Generationen von Schülerinnen und Schülern haben im Heimatkundeunterricht diese Vorzeigegruppe abgezeichnet und konnten sich so in frühere Jahrhunderte und deren Lebensbedingungen hineindenken. Diese Häuser begrenzten einst den Ortsrand der Stadt und leiteten in die Feldmark über. Über diesen Weg zogen die napoleonischen Truppen und später die Kosaken. Die Häuser gaben Jahrhunderte lang  unzähligen Familien Heimat. Gerade die interessante Frontseite des Fachwerktraufenhauses Nr. 24 zeigt den Variantenreichtum der Baukultur vor etwa 200 Jahren. 

Sicherlich hat das Umfeld dieser Gebäudegruppe nach dem 2. Weltkrieg erhebliche Veränderungen erfahren, aber grade dies sollte Grund genug sein, das gesamte Ensemble Weidestraße 24 - 28 zu schützen. 

Die Zeit, in der historische Bausubstanz gedankenlos vernichtet wird, sollte auch in Eutin endgültig vorbei sein oder erleben wir doch einen Rückfall ins Barbarentum?

 

Ungünstige Umstände, Vernachlässigung durch Eigentümer und mangelndes Erhaltungsinteresse seitens der städtischen Gremien scheinen das Ambiente der historischen Altstadt Eutins zu bedrohen. Die Aufnahme in das Förderprogramm städtebaulicher Denkmalschutz kann nur von Erfolg gekrönt sein, wenn Stadt und Einwohner gemeinsam Ernst machen, mit dem Bemühen, die historische Baukultur des 18. und 19. Jahrhunderts in Eutin zu bewahren. Dabei ist Überzeugungsarbeit zu leisten, es sind Widerstände zu überwinden und es bedarf eines langen Atems, so die Auffassung des Vereins, der sich seit über 30 Jahre um Fragen von Stadterhaltung und -gestaltung in Eutin kümmert.

 

"Niemand behauptet, dass das Altstadtambiente zu schützen eine leichte Aufgabe ist. Aber es ist nicht nur eine lohnende Aufgabe – es ist eine für Eutin existentiell bedeutsame Aufgabe. Kein Gast kommt in die Innenstadt, um sich bei weiteren Filialisten zu tummeln. Leere Geschäfte, schmutzige Ecken und anonyme Läden sorgen für Beliebigkeit und führen dazu, dass immer mehr Geld im Internet oder in Gemütlichkeit vorgaukelnden Outlet-Centern ausgegeben wird. Wenn sich Eutin nicht endlich zu seinen Stärken und Werten bekennt und bereit ist, diese zu bewahren, ist der Niedergang des Residenzstädtchens nicht mehr abzuwenden", so Regine Jepp, Sprecherin der Bürgergemeinschaft Eutin e.V.